A.[ugust] Thalheimer

Lenin, der kämpfende Materialist[1],[2]

 

Dien unlängst erschienene Schrift von A. Deborin kann dem Leser bestens empfohlen werden als eine kurze Darstellung der Grundlagen des dialektischen Materialismus, an der Hand von Lenins Schriften, die sich streng von allen nicht materialistisch-dialektischen Auffassungen abgrenzt. Es scheint, dass das theoretische Interesse in den kommunistischen Parteien des Westens im Wachsen begriffen ist. Das ist ein gutes Zeichen. Zugleich aber tauchen allerlei Scharlatane, Dilettanten, Halbwisser und unsichere Kandidaten auf, die unter der Flagge des Marxismus (und zwar eines ganz besonders „radikalen“ Marxismus) allerlei bürgerliche Verfälschungen des Marxismus an den Mann zu bringen suchen. Das ist keine neue Erscheinung, aber die Formen, Spielarten, Moden dieser bürgerlichen Verfälschungen ändern sich fortwährend. So hatten Marx und Engels gegen die Verfälschung ihrer Anschauungen durch Dühring und seine Jünger (einen deutschen Privatdozenten und seine Studentchen) zu tun. Engels-Marx‘ „Antidühring“ räumte mit dieser Pest auf. Später, mit Bernstein und Konsorten, erlebten wir das Eindringen des Neu-Kantianismus in seinen verschiedenen Abarten in den Marxismus. Lenin hatte in Russland den dialektische Materialismus zu verteidigen und zu erläutern gegenüber der Verfälschung durch die Schule des Philosophen Mach, eine Verfälschung idealistischer Richtung – wie alle Verfälschungen des Marxismus, auf den sich das Büchlein Deborins in erster Linie stützt. Hier wird der dialektische Materialismus haarscharf genau abgegrenzt von allen idealistischen Täuschungen, Verdunkelungen und Verwirrungen und seine Lehren positiv auf eingehendste und eindringlichste erläutert. Deborin nimmt in der kleinen Schrift auch Gelegenheit, um sich von neueren Abweichungen von dialektischen Materialismus abzugrenzen, so vom „Enchmanismus“, so von G. Lukács, der die Dialektik in der Natur leugnet. (S. 26.)

Durch das Büchlein von Deborin, das in klarer und einfacher Sprache geschrieben ist, werden die kommunistischen Leser einen guten Leitfaden haben, um sich über die Grundbegriffe des dialektischen Materialismus zu orientieren und auch das neuere „höhere Blech“, das sich auf diesem Gebiete breitmacht, als solches zu erkennen.

Das Büchlein Deborins kommt gerade zur rechten Zeit, um den Appetit zu wecken für das Originalwerk Lenins gegen den Empiriokritizismus, dessen Ausgabe in deutscher Sprache binnen kurzem zu erwarten ist.

 

[1] A. Deborin: Lenin, der kämpfende Materialist. 72 S. (Verlag für Literatur und Politik. Wien VIII.) Preis 80 Pfg.

[2] Arbeiter-Literatur (Wien), Oktober 1924 (Jg. 1, H. 10), 734—735.; Internationale Presse-Korrespondenz, Nr. 30, 672. – der Hrsg.